Baumgarts Nachwuchs-Paradox

Baumgarts Nachwuchs-Paradox

Steffen Baumgart ist seit 2021 der große Hoffnungsträger auf der Trainerbank des 1. FC Köln. Neben einer gehörigen Portion Emotionen verspricht man sich auch die Entwicklung von Talenten aus dem eigenen Nachwuchs. Doch der Coach verursacht mit seinen Entscheidungen immer häufiger Stirnrunzeln.

Im Derby gegen Borussia Mönchengladbach am 8. Spieltag fehlen die Nachwuchshoffnungen Max Finkgräfe und Damion Downs im Kader der Profis. Stattdessen sammelten beide tags zuvor beim 3:0 der U21 gegen den SC Wiedenbrück Spielpraxis. Zwar sehe „man sie immer besser in die Richtung Bundesliga kommen“, sagte Baumgart auf der Pressekonferenz vor dem Duell gegen den Erzrivalen, doch für mehr als ein paar Kurzeinsätze hat es in dieser Saison bislang nicht gereicht.

Verwunderlich, denn gerade Downs könnte mit seiner Physis und Torgefahr – der 19-Jährige misst 1,90 Meter und war in 37 Pflichtspielen im FC-Nachwuchs an 28 Toren beteiligt – die lahme Offensive der ‚Geißböcke‘ in Schwung bringen. Im Spiel beim SV Werder Bremen zum Beispiel war der kurz vor Schluss eingewechselte Stürmer mit einem gut getimten Kopfball nur am Pfosten gescheitert. Auch der unbekümmert aufspielende Finkgräfe brachte in Kurzeinsätzen frischen Wind in die Partie, glänzte gegen Wiedenbrück per Fallrückzieher als Torschütze.

Wenn der FC nicht aufpasst, könnte sich die Situation bei beiden ähnlich negativ entwickeln, wie bei Justin Diehl. Der deutsche Nachwuchs-Nationalspieler – ebenfalls Torschütze gegen den SC – hatte in der abgelaufenen Saison fast immer das Nachsehen gegenüber seinen Sturmkollegen Steffen Tigges und Sargis Adamyan. „der Junge ist noch nicht so weit, wie manche denken“, lautete Baumgarts Begründung. Doch schlechter als die anderen Stürmer hätte es auch Diehl in der Saison 2022/23 kaum machen können, vor allem Adamyan glänzte regelmäßig durch Unvermögen. Seitdem liebäugelt der junge Offensivspieler mit einem Wechsel und schlägt eine Vertragsverlängerung aus, weshalb das Verhältnis zwischen ihm und dem Klub, vor allem aber dem Trainer, unterkühlt ist.

Baumgarts Sicht der Dinge ist paradox, denn wie sollen Spieler bundesligatauglich werden, wenn sie nicht auf Bundesliganiveau Praxis sammeln können? Hin und wieder mal beim Tabellenletzten mittrainieren ist schön und gut, doch das Rüstzeug holt sich ein talentierter Spieler am Bundesligawochenende. Das sieht man regelmäßig zum Beispiel beim SC Freiburg. Auch ein Brajan Gruda bei Mainz 05, Jamal Musiala beim FC Bayern oder Florian Wirtz (womit wir wieder bei Dingen wären, die dem FC nicht noch einmal passieren sollten) bei Bayer Leverkusen haben sich durch regelmäßige Einsätze zu etablierten, teilweise hochklassigen Spielern entwickelt. Schaut man sich die Situation der Talente in Köln an, darf man durchaus die Hypothese formulieren, dass alle drei unter Übungsleiter Baumgart heute „noch nicht so weit“ wären.

Weitere Beiträge

Baumgart geht, Keller bleibt: Wichtig für die Zukunft

Baumgart geht, Keller bleibt: Wichtig für die Zukunft

Küsst Frankfurt den deutschen Fußball wach?

Küsst Frankfurt den deutschen Fußball wach?

Das Märchen vom wohltuenden anderen Meister

Das Märchen vom wohltuenden anderen Meister

… denn sie wissen nicht, was sie tun

… denn sie wissen nicht, was sie tun