Das Märchen vom wohltuenden anderen Meister
Der FC Bayern hat in dieser Saison den zehnten Meistertitel in Serie eingefahren. Viele Experten und Fans sprechen davon, dass ein größerer Konkurrenzkampf „der Liga guttun würde“. Schaut man sich die Transferaktivitäten des vermeintlich größten Herausforderers an, sieht das aber ganz anders aus.
Die Bundesliga ist ein spannender Wettbewerb. Wie, ist sie etwa nicht? Ah, okay, ja, die Meisterschaft ist zum zehnten Mal in Serie an den FC Bayern gegangen. Schottische Verhältnisse, wie man sagt. Wieder einmal war die Konkurrenz zu schlecht, die Fehler der Münchner gnadenlos auszunutzen. Allen voran Borussia Dortmund hat, trotz Platz 2, eine erschreckend schwache Runde gespielt.
Aber schaut man sich die Ränge dahinter an, so ist noch einige Spannung geboten: mit Bayer Leverkusen, dem SC Freiburg, RB Leipzig, dem 1. FC Köln, Union Berlin und auch noch der TSG Hoffenheim kämpfen gleich sechs Mannschaften an den letzten beiden Spieltagen teils um die Teilnahme an der Champions-, aber vor allem um die Plätze in der Europa League. Auch im Abstiegskampf ist noch vieles möglich.
Eine tolle Leistung, vor allem von Freiburg (4.) und Köln (6.), denen man die aktuelle Platzierung sicher vor der Saison nicht mal im Traum zugetraut hätte, deren Trainer aber eine perfekte Symbiose aus Fleiß, Talent und Spielidee erschaffen haben. Und dennoch gibt es Nörgler, die sich mal wieder wünschen, dass ganz oben jemand den Bayern Paroli bietet. „Das würde der Liga guttun!“
Wer kauft „die Liga kaputt“?
Der BVB ist tatsächlich drauf und dran, eine schlagkräftige Truppe für die kommende Saison auf die Beine zu stellen. Neben dem ablösefreien Niklas Süle haben die Dortmunder auch Nico Schlotterbeck vom SC Freiburg für die Innenverteidigung verpflichtet. Ramy Bensebaini von Borussia Mönchengladbach soll für die Außenbahn folgen. Und für das zentrale Mittelfeld haben die Schwarzgelben Salih Özcan vom 1. FC Köln ins Auge gefasst.
Schlotterbeck, Özcan und Bensebaini sind absolute Leistungsträger in ihren Vereinen, die großen Anteil daran haben, dass ihre Clubs nächstes Jahr höchstwahrscheinlich in Europa vertreten sein werden bzw. schon große Nächte auf internationaler Bühne gefeiert haben. Diese Säulen brechen weg und der Weg ins europäische Geschäft wird somit steiniger als ohnehin schon. Glaubt irgendjemand, dass diese Clubs der Meinung sind, ein neuer Meister würde der gesamten Liga helfen, wenn man dafür die besten Spieler an diesen potenziellen Sieger abgeben muss?
Oft war in den vergangenen Jahren die Rede davon – gerade bei den Wechseln von Mario Götze und Robert Lewandowski – die Bayern würden „die Liga kaputtkaufen“, weil beide von Dortmund zum FCB gewechselt waren. Bei Transfers wie z.B. Julian Brandt (Leverkusen), Marius Wolf (Eintracht Frankfurt), Mo Dahoud (M’gladbach) oder eben Schlotterbeck, Bensebaini und Özcan wird dem BVB so etwas nicht vorgeworfen. „Die Liga“ soll halt wieder spannend werden. Oder anders ausgedrückt: Bald herrschen vielleicht wieder spanische statt schottische Verhältnisse – auf Kosten der Vereine, die in diesem Jahr die obere Tabellenhälfte tatsächlich spannend gemacht haben.