Erneutes Triple eine Frage des Systems

Erneutes Triple eine Frage des Systems

Die Länderspielwoche ist vorbei, die heiße Phase in Liga, Pokal, Champions- und Europa League beginnt. Für den FC Bayern stehen wichtige Wochen an.

In der Bundesliga ziehen die Münchner bekanntlich einsam ihre Kreise: 10 Punkte Vorsprung vor den zweitplatzierten Wolfsburgern, 70 Tore geschossen, nur 13 Gegentreffer kassiert. Die Medien überschlagen sich längst mit Superlativen, schon vor der Saison spekulierte die Öffentlichkeit nur über den Zeitpunkt, wann das Team von Trainer Pep Guardiola die Meisterschaft fix machen wird.

Doch bei aller Lobhudelei sollte man eines nicht vergessen: Der FC Bayern ist nicht unschlagbar. Die offensive Spielweise, das hohe Verteidigen birgt ein großes Risiko, das auf nationaler Ebene dadurch kaschiert wird, dass viele Gegner schlichtweg nicht die Klasse oder den Mut haben, an ihre Grenzen zu gehen und dem FCB Paroli zu bieten – vom VfL Wolfsburg (1:4) und zuletzt Borussia Mönchengladbach (0:2) mal abgesehen.

Heynckes löste es anders

Diese beiden Spiele haben gezeigt, dass beim deutschen Rekordmeister jeder Spieler bei 100 Prozent sein muss, um dem anspruchsvollen System Guardiolas gerecht zu werden. Dies unterscheidet die pep’sche Taktik von der seines Vorgängers Jupp Heynckes. Unter dem Triple-Trainer stand eine klare Vierer-Abwehrkette hinter dem kongenialen Duo Bastian Schweinsteiger und Javi Martinez. Ein Grund auch, wieso Dantes Leistungen mit denen aus der Triple-Saison nicht mehr vergleichbar sind. Der brasilianische Innenverteidiger kann mögliche Fehler der Vordermänner in Sprintduellen mit den Gegnern einfach nicht wettmachen.

Sicher beherrscht es Guardiola wie kein zweiter, während des Spiels das komplette System umzustellen: Aus Vierer- wird eine Dreierkette, in der Mittelfeldzentrale steht nur noch einer statt zwei Spieler, die Flügel werden neu besetzt, verschiedene Spielertypen bestücken das Sturmzentrum. Von den unglaublich vielseitigen Einsetzbarkeiten seiner Spieler ganz zu schweigen. Doch die Grundausrichtung bleibt stets die gleiche: Es wird hoch verteidigt, Ballbesitz ist das A und O.

Heynckes hatte zwar nicht das ganz große Gespür dafür, Spieler einer neuen Position zuzuordnen: Einen Mittelfeldspieler Philipp Lahm hätte es beim ehemaligen FCB-Coach wahrscheinlich erst in höchster Not gegeben. Dafür verstand es Heynckes, die Statik des Systems dem Gegner anzupassen. In den beiden Halbfinalspielen der Champions League gegen den FC Barcelona 2013 beispielsweise hatten die Münchner je rund 40% Ballbesitz – ein Wert, der schon damals für das ‚Ballbesitz-Monster‘ eigentlich undenkbar war. Dafür deckte der FCB mit schnellem Umschaltspiel die Schwäche der Katalanen auf: Die hohe Verteidigung, die die Münchner heute selbst praktizieren.

„Ich liebe es, anzugreifen“, hatte Guardiola schon bei seiner Antritts-Pressekonferenz verlauten lassen und seitdem den taktischen Umbruch in München eingeleitet. Auch Bastian Schweinsteiger verteidigte nach der Niederlage gegen Mönchengladbach die Spielweise: „Wir haben auch schon viele Spiele gut gespielt, in denen wir hoch gestanden sind.“ Doch damit der Traum vom erneuten Triple-Gewinn erhalten bleibt, sollte man dies bei manchem Gegner vielleicht noch einmal überdenken.

Dieser Artikel wurde veröffentlicht bei: RTL.de und sport.de

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