FCB-Quartett: Eine Frage der Ehre

FCB-Quartett: Eine Frage der Ehre

Gleich vier Spieler des FC Bayern gehen nächste Saison in ihr potenziell letztes Vertragsjahr. Alle vier verlangen eine Gehaltserhöhung – sollten sich aber mal ein Vorbild an den ganz Großen nehmen.

Im Fußball gibt es so einige Aussagen, die inflationär genutzt werden. „Geschichten, die nur der Fußball schreibt“, „wir schauen von Spiel zu Spiel“, „wichtig ist auf dem Platz“ – für Sätze wie diese zahlt man als Gast im ‚Doppelpass‘ 3 EUR ins berühmte Phrasenschwein. Die Sendung auf ‚Sport1‘ könnte demnächst die Sache noch viel einfacher machen, denn es schleichen sich immer mehr einzelne Wörter in den fußballerischen Sprachgebrauch, die in den letzten Monaten immer häufiger von Fußball-Profis genutzt werden. Allen voran „Respekt“ und „Wertschätzung“.

So war es zuletzt bei Niklas Süle zu hören, der eben jene beim FC Bayern – exklusiv allerdings in der dortigen Chefetage – vermisst. Ein zweischneidiges Schwert, wenn man die Argumente beider Seiten betrachtet. Einerseits haben die Bayern dem Innenverteidiger oft genug intern vermittelt, dass er doch eine etwas professioneller Einstellung zu seinem Job haben sollte – Stichwort Ernährung und Körpergewicht. Andererseits hat Süle öffentliche Rückendeckung vermisst. Und natürlich wollte Süle auch nicht mit Knöpfen bezahlt werden. Auch das nannte er „Wertschätzung“. Im Sommer Wechselt der Innenverteidiger ablösefrei zu Borussia Dortmund.

Das Quartett Thomas Müller, Robert Lewandowski, Manuel Neuer und Serge Gnabry ist vertraglich noch bis Sommer 2023 an den Club gebunden. Die Verhandlungen laufen – mehr oder weniger. Denn auch bei den vieren geht es um die „Wertschätzung“, die sich natürlich einzig und alleine in noch höheren Zahlen auf der monatlichen Gehaltsabrechnung widerspiegeln soll.

Zumindest Müller, Neuer und Lewandowski sind mit rund 20 Millionen Euro jährlich das Top-Verdiener-Trio bei den Bayern. Schaut man sich ihre gesamte Karriere an, dürften alle drei einen neunstelligen Betrag auf dem Bankkonto angehäuft haben – Werbeverträge und Prämien noch gar nicht mit eingerechnet. Alle drei gehören seit Jahren zum festen Stammpersonal und verdienen jetzt schon in einem Jahr so viel Geld, wie 99% der Deutschen im Leben niemals verdienen werden. Dennoch wollen sie noch die letzten Millionen aus dem Verein quetschen, der sowieso schon durch die Corona-Pandemie wirtschaftlich gebeutelt ist, wie Sportvorstand Hasan Salihamidzic nie müde wird, zu erwähnen.

 

In der Sportwelt gibt es gute Vorbilder

„Die Fans können die Summen ohnehin schon nicht mehr nachvollziehen“, sagte Karl-Heinz Rummenigge jüngst im ‚kicker‘. „Wir hatten Corona mit allen finanziellen Schäden, trotzdem steigen die Forderungen der Berater und Spieler immer weiter“, so der ehemalige Bayern-CEO. „Es kommt keine Rationalität mehr ins Geschäft rein. Es wird im Gegenteil immer irrationaler.“ Und da ist der Punkt.

Das FCB-Quartett hat den großen Traum, die Champions League noch einmal zu gewinnen. Gleichzeitig kriegt man gehaltstechnisch den Hals nicht voll. Wie wäre es mal mit Folgender Denkweise: Vertrag um zwei Jahre verlängern und für fünf Millionen Euro weniger im Jahr spielen? Den Verein finanziell entlasten, um das gesparte Geld in einen breiteren, qualitativ besseren Kader zu stecken? Wäre das zu viel verlangt bei diesen ohnehin schon horrenden Summen?

Dass man den größtmöglichen Erfolg durch einen solchen Gehaltsverzicht erreichen kann, zeigen u.a. zwei Beispiele aus anderen Sportarten: In der amerikanischen Basketballliga NBA verzichtete Dirk Nowitzki von den Dallas Mavericks zur Saison 2010/11 auf Gehalt, um einen konkurrenzfähigen Kader um sich herum gestellt zu bekommen. Der Erfolg folgte auf dem Fuß: Die ‚Mavs‘ holten sich am Ende der Saison den Titel. Gleiches geschah erst 2020/21 in der National Football League (NFL). Tom Brady, der beste Quarterback aller Zeiten, wechselte damals von den New England Patriots zu den Tampa Bay Buccaneers, verzichtete auf Gehalt, damit Tampa den Kader aufbessern konnte – u.a. mit Bradys Best Buddy Rob Gronkowski – und am Ende durfte sich der ‚GOAT‘ seinen siebten Super-Bowl-Ring an den Finger stecken.

Müller und Co. hätten mit so einer Entscheidung die Chance, sich neben ihren sportlichen Leistungen endgültigen Legendenstatus in München zu verschaffen. Und vielleicht würde man dann in Zukunft aus den Mündern der Spieler statt „Respekt“ und „Wertschätzung“ öfter „Ehre“ und „Dankbarkeit“ hören.

 

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